An die
Damen und Herren
des Kreistags
Landkreis Landsberg am Lech
Planfeststellungsverfahren für das Bauvorhaben
B 17 westlich von Landsberg am Lech;
Ortsumgehung von Landsberg am Lech
Sehr geehrte Damen und Herren,
vor kurzem habe ich dem Kreisausschuss bereits meine Bedenken zu der geplanten Westumfahrung Landsbergs durch die B 17 neu (d.h. Kreisel und zweispurige Ortsumgehung) mitgeteilt. In der Zwischenzeit wurden durch Gespräche mit der Polizei und durch die Einsichtnahme in die Machbarkeitsstudie der Stadt Landsbergs zum Kreisel weitere Überlegungen angestellt.
Das Gesamtergebnis dieser Überlegungen (auch der Ihnen evtl. schon Vorliegenden) wird hiermit mitgeteilt:
1. Allgemeines
Die Arbeitsschwerpunkte der bayerischen Straßenbauverwaltung sind:
1.1 Forcierung des Baus von Ortsumgehungen
1.2 Bessere Erschließung des ländlichen Raums zur Stärkung
der Wirtschaft
1.3 Erhöhung der Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit
hochbelasteter Straßen
1.4 Vorhandene Lücken im Fernstraßennetz zu schließen
und Engpässe zu beseitigen
1.5 Erhaltung des Anlagevermögens "Straße"
(vgl. Internetseite der Obersten Baubehörde: http://www.innenministerium.bayern.de/abteilungen/fachinformationen/2d/2d.htm)
Die ersten drei Punkte treffen auf die Westumgehung der B 17 neu zu; die restlichen zwei Punkte sind nicht relevant.
Die bessere Erschließung des ländlichen Raums ist aber nicht nur für den Landkreis Landsberg von außerordentlicher Bedeutung. Wie bekannt, führt die B 17 ab der Stadt Landsberg nach Süden durch das "Armenhaus" des Landkreises. Dies hat dazu geführt, daß der gesamte Landkreis Landsberg als einziger Landkreis Oberbayerns zu einem Ziel 5b Gebiet erklärt wurde und damit sogar von der EU Fördermittel erhält. Einziger bedeutender Wirtschaftsstandort ist Denklingen (Hirschvogel, Schuster). Weiter im Süden führt die B 17 in den Landkreis Weilheim und zwar in den Altlandkreis Schongau. Auch dieser kann als das "Armenhaus" von Weilheim bezeichnet werden.
Beweis:
Das Wohlergehen eines Landkreises äußert sich vor allem in seiner Arbeitslosenquote:
Je niedriger diese ist, desto besser ist es um einen Landkreis bestellt (vgl. die niedrigste Arbeitslosenquote Deutschlands im Arbeitsamtsbezirk Freising) und je höher, desto schlechter (z.B. die Arbeitslosenquoten im Bayerischen Wald, Oberfranken usw.).
Da die Landkreise Landsberg und Weilheim zum Arbeitsamtsbezirk Weilheim gehören, ist als Anlage die langfristige Entwicklung der Arbeitslosenquote in den Geschäftsstellen des Arbeitsamtsbezirks Weilheim für den:
Wie man sieht, liegen zwar alle Landkreise/Geschäftsstellen stets unterhalb der Arbeitslosenquote Bayerns, allerdings mit unterschiedlichem Niveau. Der Altlandkreis Schongau bildet seit 20 Jahren fast ständig das Schlusslicht im Arbeitsamtsbezirk. In den Jahren 1983 - 1989 lag die Quote sogar über dem Bayerndurchschnitt. Zur Zeit wird der Abstand zu den übrigen Landkreisen wieder größer.
Wichtig ist die Entwicklung der Arbeitslosenquote in Landsberg. Vom Landkreis mit der niedrigsten Arbeitslosenquote bis Mitte der 80er Jahre wurde es aufgrund von Kasernenschließungen und Abwanderungen großer Firmen zum Schlußlicht im Arbeitsamtsbezirk. Fast zeitgleich mit dem Lückenschluß der A 96 und dem zweibahnigen Ausbau der B 17 in Lagerlechfeld und in der Stadt Augsburg ging und geht die Arbeitslosenquote gewaltig zurück. Meines Wissens kann kein Landkreis in Deutschland in einem so kurzen Zeitraum (April 1997 bis Dezember 1999) einen so großen Rückgang verzeichnen. Das ist auch ein Beweis für die positiven Auswirkungen des Straßenbaus auf den Arbeitsmarkt.
Fazit:
Auch unter dem Aspekt der Erschließung des ländlichen
Raums ist der Neubau der Westumgehung der B 17 zu begrüßen.
Es ist aber fraglich, ob durch einen nur zweispurigen Ausbau der B 17 dieser
Zweck erreicht wird. Ein vierspuriger Ausbau wird insbesonders von der
IHK und den Unternehmen in Denklingen (Landkreis Landsberg) und auch vom
Landkreis Weilheim-Schongau befürwortet.
Eine vierspurige Westumgehung und ein vierspuriger Weiterbau bis in den Schongauer Raum sind eine unabdingbare Forderung der Verkehrspolizei. Ein zweispuriger Ausbau wird abgelehnt.
Die beigefügte Straßenkarte (Aufnahme kann bei der Polizeiinspektion Landsberg eingesehen werden) zeigt die Verkehrshäufigkeit. Auch die beigefügte Entwicklung der Verkehrsunfälle ab 1992 im Landkreis Landsberg zeigt, wo sich die Unfälle mit Personenschäden ereignen (Internetadresse: http://www.stratcon.de/arbmarkt/llusl.htm). Man sieht auf dieser Grafik sehr gut, dass auf der A 96 die wenigsten Unfälle passieren. Die Zahl ist zwischen 1992, als die A 96 nur wenige Kilometer umfasste, und 1998 als sie im Landkreis Landsberg vollständig ausgebaut war, konstant geblieben.
Nach Meinung der Polizei bestehen bei der geplanten zweispurigen Westumgehung
der B 17 drei Gefahrenherde (von Nord nach Süd):
Eine Erhöhung der Verkehrssicherheit durch die zweispurige
Westumgehung Landsbergs ist nach Meinung der Polizei nicht gegeben. Vielmehr
muss mit einer Zunahme der schweren Verkehrsunfälle gerechnet
werden, da die bisherige Ortsdurchfahrt durch Landsberg nur eine Geschwindigkeit
von 50 km/h zulässt und somit i.d.R. nur Blechschäden verursacht.
Um es nochmals zu wiederholen: Über die Verkehrssicherheit findet
sich in den Planfeststellungsunterlagen kein einziges Wort.
Die Gesprächsergebnisse mit der Verkehrspolizei Landsberg zum Thema Verkehrssicherheit und Kreisel waren Anlass, um bei der Stadt Landsberg Einsichtnahme in die von ihr beauftragte Machbarkeitsstudie eines Kreisels zu nehmen.
Diese Einsichtnahme fand am 25. Februar 2000 in Anwesenheit von H. Griesinger statt.
Aus den Unterlagen ist ersichtlich, dass im Kreisel eine Richtgeschwindigkeit von 60 km/h vorgeschrieben ist. Andererseits kann auf der autobahnänlich ausgebauten B 17 mit einer Geschwindigkeit von rund 130 km/h gerechnet werden.
Das bedeutet, dass zwischen Kaufering und dem Kreisel die Autos von 130 km/h auf 60 km/h abgebremst werden müssen. Nun gibt es zur Berechnung eines so entstehenden Staus keine mathematische Formel; dieses Problem muss über ein sog. Simulationsmodell mit den entsprechenden Alternativen gelöst werden.
In der Machbarkeitsstudie wurde nun nach einem Diagramm gesucht, das aufgrund eines Simulationsmodells die Ergebnisse eines Zusammenhangs zwischen der Verkehrsfrequenz (z.B. 900 Kfz/Stunde, 1000 Kfz/Stunde, 1100 Kfz/Stunde usw.) und der Staulänge aufzeigt, die ja zwangsläufig durch das Abbremsen ab irgendeiner Verkehrsfrequenz hervorgerufen wird.
Eine derartige Aussage wurde nicht gefunden.
Fazit:
Die Aussage der Machbarkeitsstudie, dass keine Verkehrsprobleme durch
einen Kreisel entstehen, kann nicht nachvollzogen werden. Damit ist die
Machbarkeitsstudie zumindest in Frage gestellt, wenn nicht völlig
wertlos.
2.2 Tag der Verkehrszählung: 20.6.1995
Bei der Durchsicht der Machbarkeitsstudie wurde der bisher unbekannte Zähltag des Verkehrszählung festgestellt: Es war der 20. Juni 1995.
Die Zählergebnisse dieses Tages sind die Grundlage für die Hochrechnung des Verkehrsaufkommens: ca. 26.000 Fahrzeuge im Bereich Landsberg/Kaufering und ca. 13000 auf der Westumfahrung von Landsberg.
Ein Blick auf einen Kalender von 1995 zeigt nun, dass dieser Tag ein Dienstag war, einen Tag nach Schulbeginn nach den Pfingstferien.
Mit anderen Worten handelt es sich um einen ganz gewöhnlichen Arbeitstag mit dem üblichen Werkverkehr, der als repräsentativer Maßstab für die Hochrechnung und damit für die Beantwortung der beiden Fragen, ob die Westumgehung Landsbergs zweispurig oder vierspurig, die Kreuzung mit der A 96 als übliches Kleeblatt oder als Kreisel gebaut werden soll, herangezogen wurde.
Die Analyse des Verkehrsaufkommens nach Wochentagen (Montag - Sonntag) kann wie folgt dargestellt werden, speziell für die Westumfahrung Landsberg der B 17:
Montag: Werkverkehr + Wochenendpendler
Dienstag: Werkverkehr
Mittwoch: Werkverkehr
Donnerstag: Werkverkehr + beginnender Ausflugsverkehr
Freitag: Werkverkehr + Wochenendpendler + Ausflugsverkehr
Samstag: Ausflugsverkehr + Einkaufsverkehr
Sonntag: Ausflugsverkehr + Wochenendpendler
Aus dieser Übersicht sieht man, dass am Dienstag und Mittwoch die Westumgehung nur unterdurchschnittlich frequentiert wird. Überdurchschnittlich frequentiert wird die Westumgehung dagegen am Freitag.
Für eine repräsentative Aussage ist es daher unumgänglich, ein Tagesprofil mit den jeweiligen Verkehrsfrequenzen zu ermitteln. Zumindest aber muss der Freitag in die Ausgangsüberlegungen mit einbezogen werden, um mittels der beiden Extremwerte (Dienstag/Freitag) einen vernünftigen repräsentativen Mittelwert auszurechnen.
Unterstellt man, dass der Ausflugsverkehr am Freitag genau so hoch ist wie der Werkverkehr (was augenscheinlich leicht bestätigt werden kann), so ergibt sich folgender mittlerer Wert für die Westumgehung
Verkehrsfrequenz Dienstag: 13.000 Fahrzeuge
Verkehrsfrequenz Freitag (13.000 + 13.000) = 26.000 Fahrzeuge
Summe 39.000 Fahrzeuge
Durchschnitt: 19.500 Fahrzeuge
Dies ist eine Größenordnung, die doppelt so hoch ist wie die Frequenz auf Bundesstraßen und eine Größenordnung, die einen vierspurigen Ausbau fast zwingend vorschreibt.
Fazit:
Die Verkehrszählung vom Dienstag, den 20.6.1995 ist nicht repräsentativ
und führt zu einem falschen Ergebnis.
3. Zusammenfassung
Verkehrssicherheit und (richtige) Verkehrszählung erfordern statt eines Kreisels eine kleeblattförmige Anbindung an die A 96 und anstelle des zweispurigen Ausbaus den vierspurigen Ausbau der Westumgehung der B 17 in Richtung Schongau. Der Wirtschaft im südlichen Landkreis und im Nachbarlandkreis Weilheim-Schongau ist ebenfalls mit einem entsprechenden Ausbau gedient.
Die Mehrkosten des vierspurigen Ausbaus dürften sich in Grenzen halten: Die Trasse ist 3,5 km lang. Ein Autobahnkilometer kostet rund 12 Mio DM, ein autobahnähnlicher Ausbau dürfte etwas weniger kosten, so daß mit rund 35 Mio DM gerechnet werden kann. Da andererseits rund 25 Mio DM durch den Wegfall der zweispurigen Trasse gespart werden, dürfte ein Mehraufwand von ca. 10 Mio. erforderlich sein. Dies ist im Interesse der Verkehrssicherheit auf jeden Fall gerechtfertigt.
Zur Frage der Zeitverzögerung ist zu sagen, dass die Neutrassierung der Westumgehung ohne weiteres im laufenden Planfeststellungsverfahren geschehen kann. Ein neues Raumordnungsverfahren, das ja nur die Linien vorgibt, ist nach Meinung von Experten nicht nötig.